Es war einmal ein unbehaglicher, kalter Samstag im Jahr 2004. Der kleine Junge mit der grauen Mütze am Arm seiner Großmutter wanderte quer über den Parkplatz, vorbei an all den anderen kleinen Jungen mit den Mützen, direkt in die warme Turnhalle, in eine Welt, die er noch um einiges besser kennen lernen würde…
An jenem Samstag fand in jener Halle ein Tischtennisturnier statt, welches den Namen „Berliner Einzelmeisterschaften der B-Schüler/innen 2004“ trug. Da dies des Jungen erstes Turnier war und alle seine Gegner mindestens 16 Köpfe größer waren, kriegte er ziemlich Haue und durfte nach ein paar Stunden wieder gehen. Doch bevor er seine Mütze aufsetzte und wieder ins Kalte wanderte, kam ihm ein Gedanke: Wie cool wäre es, mal auf dieser großen Bühne ganz oben mitzuspielen…
Neun Jahre später, an einem unbehaglichen, kalten Samstag im Jahr 2013, wanderte derselbe, mittlerweile recht schlaksige Junge, abermals quer über jenen Parkplatz, vorbei an all den anderen mittlerweile recht schlaksigen Jungen, direkt in die warme Turnhalle, in eine Welt, deren Ausmaße er inzwischen um einiges besser kennen gelernt hatte…
Der Wunsch, mal ganz oben mitzuspielen, hatte sich mittlerweile erfüllt, der Junge war sogar recht erfolgreich gewesen. Als sein letztes Jahr als Junge nun gekommen war, wollte er seine Chance nochmal nutzen.
Wie Sven, Felix und Duy überstand er die Gruppenphase am Samstag, während Johannes und Steven ihrem Lospech leider Tribut zollen mussten und sich nicht für die KO-Runde qualifizierten konnten. Im Doppel konnte er mit Sven, den er in all den Jahren zuvor noch nie so konzentriert erlebt hatte, das an 1 gesetzte Doppel schlagen und sich ins Halbfinale kämpfen. Felix und Duy, Steven und Levi sowie Johannes und Roy verpassten die Medaillenränge, die sie sich durchaus verdient gehabt hätten, leider knapp.
So wurde es Sonntag, und trotz der fehlenden Adventsstimmung sollte es ziemlich unterhaltsam werden.
Sven und Felix, die ihre teils überragenden Leistungen eher zu späterer Stunde zu zeigen pflegen, beendeten ihr Turnier im Einzel in der ersten Runde. Duy, der letzte Teil des sensationellen Zweite-Herren-Trios vom Freitag, kam ein Spiel weiter ins Achtelfinale, wo er schließlich das Nachsehen hatte.
Der schlaksige Junge traf in der Runde der letzten Sechzehn ausgerechnet auf seinen langjährigen Kollegen Martin Xu – gegen niemanden hatte er öfter gespielt – und konnte dank seines Gewinnertrikots ins Viertelfinale einziehen, wo er dann, um den Kreis zu schließen, nochmal ziemlich Haue kriegte.
Ausführliche Berichte, Ergebnisse und Fotos über seine Kollegen gibt es hier: http://www.vfk-suedwest-tt.de/news/newsdetails/robin-martin-bronze-im-doppel-berliner-meisterschaften-bem-jugend/
Der fünfte Platz im Einzel ging völlig in Ordnung, vor allem, weil im Doppelwettbewerb noch alles möglich war: Wenn Sven dann einmal trifft, ist er wirklich schwer zu stoppen, und wenn er seine Aufschlagfehler bei 2:0 10:9 und nicht bei 1:2 13:13 (siehe letztes Jahr) macht, sind diese auch nicht ganz so fatal. Ein cooles 3:0 im Halbfinale gegen Xu/Mitbach (Wie lange die beiden schon Doppel spielen, ist echt beeindruckend), und es war so weit…
Wenn man nach neun Jahren sein letztes großes Spiel in einem Turnier bestreitet, ist Dramatik auf jeden Fall vorprogrammiert. Nach starken Ballwechseln, der gelben Karte für Sven und einem abgewehrten Matchball im vierten Satz konnte der schlaksige Junge eine 8:2 Führung im entscheidenden Satz auf der digitalen Anzeigetafel erkennen.
Er wusste, dass es sehr wenige Dinge gab, die einem krönenden Abschluss noch im Wege standen.
Leider gehörten ein langer Schupfball bei 8:2, ein Rückschlagfehler bei 8:3 (woher hätte der Junge auch ahnen können, dass im Aufschlag möglicherweise ein bisschen Schnitt ist, wenn der Betreuer es ihm vorher nur neunundfünfzigmal gesagt hatte), ein viel zu langer Aufschlag bei 8:4, ein 100prozentiger Topspin, der bei 8:5 fünf Meter weit ins Aus fliegt, ein 150prozentiger Topspin, der bei 8:6 sechs Meter weit ins Aus fliegt, ein „Loch im Schläger“ bei 8:7 und ein versprungener Ball bei 8:8 dazu.
Uuuund es stand 8:9. Das hatte der schlaksige Junge mal wirklich super hingekriegt.
Echt. Ganz toll.
Verdammt.
Nachdem der Junge also bei 8:2 all seine Erfahrung genutzt und seine gestählten Nerven behalten hatte, gab es nicht mehr ganz so viel, um dieser Geschichte noch ein Happy-Ending zu verleihen.
Zum Glück gehört ein ekliger Rückhand-Pressball, wie ihn bei 8:9 im fünften nur Sven Waindok kann, dazu.
Aus 9:9 wurde 9:10, aus 9:10 irgendwie das 10:10, und dann war endlich der erste Matchball für Sven und unseren Protagonisten gekommen:
Kurzer Aufschlag, Schupf in Rückhand, und ein 170prozentiger Topspin, der diesmal, wie von Zauberhand geführt, die gegnerische Seite erreicht, und ein Block, der 10cm zu weit geht…
Und so endet die Geschichte des kleinen Jungen mit der Mütze mit dem Gewinn des Berliner Meistertitels im Jungen-Doppel 2013 mit dem fantastischen Sven Waindok…
Und wenn er nicht gestorben ist, erzählt er sie noch heute.